Formbare Gesetzmäßigkeiten
Kommen wir jetzt auf das schon erwähnte Beispiel "Diät" zurück: Übergewicht soll reduziert werden durch weniger Essen oder durch Beschränkung auf bestimmte Nahrungsmittel, die weniger Kalorien haben.
Als erstes stellt man fest, dass das gar nicht so einfach umzusetzen ist. Wenn ein Mensch mehr isst, als sein Körper braucht, dann hat das eine Ursache: Sucht! Das Essen dient als Ersatzbefriedigung für ein Defizit an Erfüllung. Dieses Defizit wiederum ist entstanden, weil die Bedeutung des inneren Potentials nicht bekannt ist. Wahre Erfüllung erlangt ein Mensch nur, wenn er seinem inneren Potential oder auch "seinem Herzen" folgt und seine Träume verwirklicht. Ohne echte Erfüllung sucht sich die Psyche leicht erreichbare körperliche und geistige Freuden als Ersatzbefriedigung und es kommt zur Sucht.
Deshalb ist die Umsetzung einer Diät ein innerer Kampf
- gegen das Suchtbedürfnis und
- gegen den natürlichen Appetit, denn es soll ja weniger gegessen werden, als der Körper eigentlich braucht, damit die Fettreserven verbraucht werden.
Manchmal klappt es und dann wieder nicht. Es kommt zu einem Wechsel von kurzen Erfolgen, Rückfällen und schlechtem Gewissen. Aber mit der Zeit gelingt es dann doch, weniger zu essen. Und nun stellt man aber folgendes fest:
Man nimmt trotzdem nicht ab, weil der Körper die Nahrungsverwertung im Laufe der Diätversuche verändert hat!
Man isst zwar weniger, aber der Körper braucht auch weniger bzw. er macht aus dem weniger an Nahrung mehr Energie. Bei manchen Menschen beschränkt sich der Effekt auf bestimmte Nahrungsmittel wie Schokolade oder andere Süßigkeiten. Es handelt sich um den gleichen Mechanismus, der auch die Evolution antreibt und der zu zahlreichen unheilbaren Krankheiten führt.
Eine Diät ist eine für den rationalen Verstand typische Lösungsstrategie. Der Verstand ist ein Werkzeug zur Steuerung von Verhalten auf der Grundlage von Gesetzmäßigkeiten. Auch einer Diät liegt eine Gesetzmäßigkeit zugrunde, nämlich der gesetzmäßige Zusammenhang zwischen aufgenommener Energiemenge (Kalorien) und der Entwicklung des Körpergewichts: In einem bestimmten Bereich an aufgenommenen Kalorien bleibt das Körpergewicht gleich und liegt die Energiemenge über oder unter diesem Bereich, nimmt das Körpergewicht zu oder ab. Man kann sich zur Veranschaulichung eine Art Formel vorstellen, die aus der aufgenommenen Energiemenge das Körpergewicht berechnet.
Mit einer Diät wendet der Verstand diese Gesetzmäßigkeit an, um das Körpergewicht zu reduzieren. Die Gesetzmäßigkeit an sich verbindet verschiedene Bedingungen mit verschiedenen Konsequenzen - in diesem Fall der Entwicklung des Körpergewichts. Die Gesetzmäßigkeit enthält alle Möglichkeiten
- Körpergewicht steigern
- Körpergewicht beibehalten
- Körpergewicht reduzieren
Der Verstand will das Körpergewicht reduzieren, also schaut er, welche Bedingung zu diesem Zustand führt und versucht diese Bedingung dann mit seinem Verhalten zu erfüllen. Aber nun passiert folgendes: Die Gesetzmäßigkeit verändert sich! Sie verändert sich so, dass es dem Ziel des Verstandes entgegenwirkt. Und damit hat der Verstand nicht gerechnet.
Das gegenwärtig vorherrschende Denken wird von der wissenschaftlichen Weltsicht bestimmt. Die Entwicklung der Wissenschaft begann mit der Entdeckung der Naturgesetze. Naturgesetze sind genau die einzigen Gesetzmäßigkeiten, die sich in der Anwendung durch den Menschen nicht verändern können. Entsprechend geht der Verstand davon aus, bei der Anwendung von Gesetzmäßigkeiten nichts falsch machen zu können. Er ist es gewohnt, durch die Anwendung von Naturgesetzen ein Ziel zuverlässig anstreben zu können. Nur warum funktioniert das nicht immer?
Nicht alle Gesetzmäßigkeiten, die die Wissenschaft untersucht und denen der Mensch in seinem Alltag begegnet, sind Naturgesetze. Naturgesetze sind die Gesetzmäßigen, die das Verhalten der grundlegenden materiellen Elemente in einfachen Konstellationen vollständig bestimmen - fast vollständig bzw. zumindest aus praktisch menschlicher Sicht vollständig. Auch die Naturgesetze haben eine winzig kleine Zufallslücke. Als Zufallslücke bezeichne ich den unbestimmten Verhaltensanteil einer Gesetzmäßigkeit. Zufallslücke deswegen, weil sich in dieser Lücke etwas anderes abspielt. Zufall ist es jedenfalls nicht.
Bei der einfachen Anwendung von Naturgesetzen spielt es noch keine Rolle, weil die Lücke zu klein ist. Aber mit der Erschaffung von Systemen beginnt es langsam eine Rolle zu spielen, weil die Lücke mit steigender Anzahl der Elemente immer größer wird. Und je komplexer Systeme werden, umso größer wird die Rolle, die es spielt. Auch bei den vom Menschen erschaffenen Systemen spielt es bereits eine Rolle. Weil es der Mensch aber (noch) nicht unter Kontrolle hat, muss er die Lücke klein halten. Das begrenzt die Komplexität von Systemen, die der Mensch erschaffen kann. Aber
- die Erde als System,
- die Gesamtheit aller Lebewesen als System
- und alle an organischem Leben beteiligten Systeme von der Zelle bis zum Körper
sind unendlich viel komplexer. Würde ihre Funktion ausschließlich auf Naturgesetzen basieren, dann wäre ihr Verhalten nahezu vollständig unbestimmt. Sie könnten keine Sekunde existieren. Die Zufallslücke macht ihr fast komplettes Verhalten aus. Ihr Verhalten besteht praktisch nur aus Zufallslücke. Und dennoch ist ihr Verhalten nicht zufällig, weil sie in der Zufallslücke der Naturgesetze eine andere Form von gesetzmäßigem Verhalten haben. Es unterscheidet sich von den Naturgesetzen in mehreren Punkten:
- Die genaue Ausprägung der Gesetzmäßigkeiten hat einen für den Menschen relevanten Spielraum. Sie sind nicht in gleicher Form exakt wie Naturgesetze. Um sie mathematisch zu beschreiben, muss die Statistik ran.
- Diese Gesetzmäßigkeiten sind durch den Menschen veränderbar.
Es handelt sich um eine Fähigkeit, derer sich der Mensch nicht bewusst ist. Deshalb hat er keine Kontrolle darüber und deshalb wirkt sie sich überwiegend und zunehmend in einer existentiellen Dimension zu seinem Nachteil aus.